Samstag, 15. September 2013. Mit Leckereien vom Solothurner Markt im Gepäck brechen wir trotz Regenwarnung mit Verstärkung nach Balmberg auf. Das Auto unserer Verstärkung stellen wir auf dem Parkplatz des Kletterparks ab, was in der Nebensaison niemanden stört. Mit dem Postauto käme man auch hoch, aber die Fahrtzeiten sind für unsere Absichten eher ungünstig.
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Beagle mit Wanderstab |
Zur Zufriedenheit meiner Chefs trage ich mein Wasser selbst den gemächlichen Anstieg von 200 Meter zum
Kurhaus Weissenstein hinauf. Um meine Muskeln noch mehr zu stählen, nehme ich außerdem einen anständigen Stock mit. Vielleicht können meine Chefs den ja später noch brauchen.
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Blick auf die Alpen vom Weissenstein bei Solothurn |
Und dann kommt das, worauf wir seit April warten. So oft sind wir in die Schweiz gefahren, und an diesem "Regentag" sehen wir zum ersten Mal in diesem Jahr die
ALPEN. Hey, das ist ja trotz Klimaerwärmung alles voll Schnee! Wie gut, dass wir nicht stur weiter nach Süden getrabt sind, sondern den Schwenk ums Schweizer Mittelland vollzogen haben!
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Blick vom Weissenstein zur Hasenmatt |
Angesichts des Wetterberichts und der von Süden heranziehenden Wolken gönnen wir uns nicht einmal den Schwenk zum
Kurhaus mit dem angeblich sehr sehenswerten
Juragarten, sondern marschieren weiter zum
Hinteren Weissenstein (gleich am Ende dieser Wiese), und dann zum
Althüsli.
Das sieht zum Greifen nah aus (so wie vorhin die Alpen), ist es aber nicht. Denn erst einmal muss man durch den Wald davor und sich dort durch den Nebel den Weg suchen. Der ist die meiste Zeit eher schmal, holprig und wurzelig. Erst ganz kurz vor dem Ziel taucht urplötzlich das Althüsli aus dem Nebel wieder auf: Pause und Mittagessen!
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Zwischenetappe Althüsli, Hasenmatt |
Wie ihr seht, hat meine Chefin mir den Hunderucksack inzwischen abgenommen. Zwischendurch ging es nämlich gemütlich ein Stückchen abwärts, und da rutschte mir das Geschirr in die Achseln. Außerdem habe ich natürlich längst getrunken, sodass das Gewicht ohnehin leichter wurde.
Als wir wieder aus dem Haus kommen, haben wir freien Blick zurück zum Hinteren Weissenstein und sehen das Edelweiß, mit dem die Wirtsleute hier ihre Terrasse schmücken. Interessiert mich aber nicht wirklich...
Meine Chefin liest eifrig ihre Karte und entdeckt eine kräftesparende Abkürzung für Menschen mit vollen Bäuchen, die über den Stallberg führt (kleiner Hof ohne Wirtschaft). Dort stehen wir sprichwörtlich im Nebel und wissen nicht weiter. Theoretisch geht es links den Berg hoch, aber rein praktisch führt höchstens ansatzweise ein Pfad über die Wiese.
Die neugierigen Esel können uns nicht weiterhelfen, aber der alte Herr auf dem Hof erklärt uns sehr geduldig mehrfach den Weg - als wir seinen Dialekt nicht verstehen, auch auf Hochdeutsch: Den Berg hoch, bis die Fahrspuren zu steil werden, dann rechts rüber zu den Tannen, am Durchstieg durch den Zaun und weiter dem Pfad folgen.
Unsere Freunde wünschen uns viel Glück. Als wir nach einigem Umherirren den Durchstieg finden, lichtet sich der Nebel kurz. Das hätten wir von unten gern gesehen!
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Wegführung: Durchstieg oberhalb vom Stallberg |
Der Jura-Höhenweg führt hier auf dem Kamm entlang. Also ist Aufwärtsgehen nicht verkehrt. Da hinten ist ein Hoffnungsschimmer: Wo ein Biker schiebt, könnte vielleicht der Weg sein?
Gut, dass ich gleich in die richtige Richtung gezogen habe: Der Weg ist nämlich da, wo es so schön goldgelb leuchtet. Am Ende haben wir ihn trotz Nebel gefunden, und ich bin mal wieder der Beweis.
Merke: Eine gestrichelte Linie auf der Karte sieht in natura ungefähr so aus (wenn ein offizieller Wanderweg darüber führt). Ohne offiziellen Wanderweg reicht für einen "Weg" auch ein Durchstieg durch einen Kuhzaun. Aber immerhin!
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Blick vom Schwelli auf das Aaretal |
Dieses Stück Weg ist sehr lohnend, sobald der Nebel ausreißt. Unten ist die Aare zu sehen; die Höfe auf halber Höhe sind Obersbrüggli (links) und Mittlersbrüggli (rechts), und durch das Tal fließt der Brügglibach zur Aare. Schweizerische Namen sind extrem logisch!
In beiden Höfen
könnte man theoretisch einkehren (wenn man die 250 Meter hinunter- und später wieder hochsteigen will). Meine Chefin sagt angesichts des mit Ketten gesicherten Weges allerdings kategorisch Nein.
Abstieg vom Jura-Höhenweg nach Brüggli.
Dabei sind die Ketten nur zu unserem Schutz, denn es ist hier doch rechts steil.
Wir laufen weiter auf dem Grat entlang. Die Wiesen hinten gehören bereits zum Bereich von Obergrenchenberg, der nächsten Alm.
Bis dahin darf ich meine Menschen noch ein bisschen schocken. Ich bin mir ganz sicher, dass hier ein Wildwechsel lang geht. Wahrscheinlich Gämsen!
Wer sonst sollte hier über die Felsen hüpfen? Ich muss das ganz genau ergründen und schnuppere hart an der Felswand entlang.
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Spürhund auf Gämsenjagd |
Hier können wir bedenkenlos entlangsteigen. Für nicht ganz trittsichere Wanderer gibt es eine Kette am Fels. Die habe ich mir genau angeschaut. Folgt mir, ich kenne den Weg!
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Beagle auf dem Jura-Höhenweg |
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Jura-Höhenweg bei Grenchen |
Ansatzweise schwindelfrei sollte man natürlich sein, wenn der Nebel sich lichtet.
Bei Nebel hier bitte nicht vom Weg abgehen!!!
Bald darauf landet man auf einem sehr angenehm zu laufenden Wiesenweg nach
Obergrenchenberg. Leider hat das Windrad offenbar die Wolken angepiekst, denn als der Wald endet, holt uns doch noch ein kräftiger Regenguss ein. Wir stellen uns unter einer Baumgruppe unter und packen uns gründlich wasserfest ein.
Gut, dass es wenigstens kein Gewitter war, sonst wäre das bisschen Schutz auch nicht gerade sicher gewesen.
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Wanderbeagle bei Obergrenchenberg |
Der Regen kam so abrupt, dass wir keine Kaffeepause mehr einlegen, sondern den letzten Kilometer nach
Untergrenchenberg weiterlaufen, wo unsere Zimmer auf uns warten. Schlicht und einfach, aber warm, und meine Chefs freuen sich schon die ganze Zeit auf die Steaks von den Angusrindern, die hier weiden.
Wir lernen auch ein neues Wort:
Vernicellen sind Maroni oder Esskastanien. Daraus machen die Schweizer leckere Süßspeisen. Ich hätte lieber ein Stückchen von dem Steak, aber mit diesem Wunsch ernte ich hier oben, wo die Kühe echt geliebt werden, ziemlich giftige Blicke.
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Untergrenchenberg, Schweizer Jura |
Auf 1395 Meter Höhe übernachten wir und sind glücklich, dass wir der Wettervorhersage zum Trotz eine phantastische Wanderung mit Alpenblick hinter uns haben.
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Ausblick Richtung Grenchen |
Mal sehen, ob wir tags drauf auch noch so viel Glück haben. Angesagt ist inzwischen Dauerregen, aber wer weiß?
800 Meter tiefer und rund 3,5 Wegstunden weiter wartet in Péry das Auto auf uns.